DU oder Sie - Wie lautet die richtige Kundenansprache online?
Warum duzen viele Unternehmen im Online-Geschäft ohne das Einverständnis der Angesprochenen?
Immer mehr Unternehmen beglücken ihre Kundschaft mit einem lockeren „DU“.
Da ich als Kundin etwas dagegen habe, ungefragt geduzt zu werden, habe ich anfangs mit einigen Unternehmen darüber diskutiert und gefragt, warum sie Kunden einfach duzen? Die Antwort lautet, das sei ihre Firmenphilosophie oder man wolle einen persönlicheren oder sogar freundschaftlichen Kontakt herstellen.
Außerdem begegne man sich so auf Augenhöhe. Und das ist eine krasse Fehleinschätzung. Denn auf Augenhöhe begegnet man sich, wenn beide Seiten das „DU“ akzeptieren. Da die Besucher und Kund*innen, die online Kontakt aufnehmen, ungefragt geduzt werden, fehlt hier der respektvolle Umgang.
Ist das „DU“ tatsächlich der Big Point, um Kundschaft zu binden?
Immer mehr Unternehmen beglücken ihre Kunden mit einem lockeren „DU“.
Da ich als Kundin etwas dagegen habe, ungefragt geduzt zu werden, habe ich anfangs mit einigen Unternehmen darüber diskutiert und gefragt, warum sie Kunden einfach duzen? Die Antwort lautet, das sei ihre Firmenphilosophie oder man wolle einen persönlicheren oder sogar freundschaftlichen Kontakt herstellen.
Es gibt passendere Möglichkeiten, Kundschaft zu bezaubern. Kunden wollen aufmerksamen Service. Dazu gehört:
- Respekt
- Freundlichkeit
- Zeitnahe Beantwortung von schriftlichen Anfragen. Sollte sich Antwort verzögern, zumindest eine Nachricht, dass das Anliegen in Bearbeitung ist
- Gute Telefonische Erreichbarkeit
- Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit
- Termine, die eingehalten werden
- Verständliche Anleitungen zu einem Produkt
- Professionelles Bearbeiten von Reklamationen
- Schnelle Lieferzeiten
Und dann gibt es noch nette Gesten, die Kund*innen begeistern:
- Ansprechende Verpackungen
- Kleine Geschenke als Beigabe
- Persönliche, handschriftliche Nachrichten
- Schriftliche Nachfrage, ob die Kund*innen zufrieden sind
- Bonusprogramme
Und die nächste Frage lautet: wollen Kunden überhaupt diesen vertrauten Umgang? Einigen ist es egal, wie sie angesprochen werden. Jüngere finden es meistens sogar „cool“. Die Mehrzahl der Kunden hat jedoch etwas dagegen. Und die schrecken sie ab. Im Worst Case verlieren sie sogar Kunden, weil diese sich nicht mehr ernst genommen fühlen. Oder sie werden erst gar nicht zu Kunden, weil sie keine Lust auf diese Art der Kundenansprache haben.
Die deutsche Sprachkultur unterscheidet zwischen „DU“ und „SIE“. Das „SIE“ drückt Respekt für das Gegenüber aus. Kennen Sie eine Person nicht oder nur flüchtig, kommt das „SIE“ zum Einsatz. Kennen sich die Personen dann besser gehen sie in der Regel zum „DU“ über. Dies geschieht dann einvernehmlich.
Gehen Sie in ein Geschäft, um etwas zu kaufen oder beauftragen Sie einen Dienstleister, kommt niemand auf Idee, Sie einfach zu duzen. Warum sinkt die Hemmschwelle virtuell derartig?
Jedes Unternehmen, das diesen neuen legeren Umgangston im Online-Geschäft pflegt, zwingt die Kunden ungefragt, dies zu akzeptieren. So mancher fühlt sich da vor den Kopf gestoßen.
Unterscheiden Sie zwischen interner und externer Firmenphilosophie
Es mag sein, dass sich in einem Unternehmen alle duzen. Und möglicherweise verbessert dies sogar die Teamfähigkeit und das Betriebsklima. Nur, das soll dann auch nur intern gelten. Doch was geschieht jetzt? Die Firmen stülpen ihre Duz-Philosophie einfach ihren Kunden über und verursachen damit unnötige Irritationen.
Der Umgangston, der intern herrscht, ist nicht zwangsläufig der richtige Umgangston nach außen.
Zwei Beispiele:
Die Otto GmbH: Hier wurde das „DU“ ohne Vorankündigung eingeführt. Eines Tages wollte ich etwas bestellen und stellte erstaunt fest, dass jetzt auch bei Otto die Kunden virtuell geduzt werden.
Die Zielgruppe wird dabei völlig ignoriert. Otto hat Kunden jeden Alters und aus allen sozialen Schichten. Sicher fühlen sich da viele auf den Schlips getreten.
Das Businessportal XING: Hier teilte die Geschäftsführerin per Mail den Nutzern, teilweise zahlende Premiumkunden, kategorisch mit, dass XING ab sofort zum „DU“ übergeht. Sie nennt das Siezen in ihrer Mail „umständliche Formalitäten“. Was bitte ist am „SIE“ umständlich? Nun gut, „SIE“ hat einen Buchstaben mehr. Ist das nun umständlicher als „DU“?
In einem Blogartikel schildert sie ihre persönliche Meinung zum „SIE“ und stellt dabei abenteuerliche Thesen auf, um zu begründen, warum sie jetzt alle duzen will – gleichgültig, ob Kollegen oder Kunden. Sie spricht von der modernen Arbeitswelt, vergisst dabei jedoch, wie alle anderen auch, die von ihrer lockeren, modernen Firmenleitkultur sprechen, dass die Mitarbeiteranrede nichts mit der Kundenanrede zu tun hat.
Zu diesem Blog wurde heftig diskutiert. Die große Mehrheit der XING-Nutzer ist erbost über diese Vorgehensweise und will auf keinen Fall ohne ihr Einverständnis geduzt werden. So mancher Premiumkunde hat zwischenzeitlich seine Premiummitgliedschaft gekündigt. Ob das im Sinne des Erfinders liegt?
XING ist eine Plattform für Berufstätige und Unternehmer. Also auch hier eine Zielgruppe mit unterschiedlichen Berufen, Positionen und Ansichten.
In einigen Branchen und auf sozialen Netzwerken ist das Duzen durchaus salonfähig
Bei der Kundenanrede spielt selbstverständlich die Branche und die Zielgruppe eine Rolle. Unternehmen mit einer vorwiegend jungen Zielgruppe, liegen mit dem „DU“ richtig. Branchen mit bunt gemischten Zielgruppen, bleiben besser beim „SIE„, denn sie können nicht sicher wissen, wie der jeweilige Ansprechpartner reagiert.
Auch auf sozialen Netzwerken, wie Facebook oder Instagram ist es üblich, zu duzen.
Anders verhält sich das bei sozialen Netzwerken, die dem Austausch in der Berufswelt dienen. Hier versammeln sich Mitglieder mit unterschiedlichem Alter, Berufen und Positionen.
Als Benimm-Expertin wähle ich selbstverständlich die formelle Anrede „SIE“. In meinen Online-Kursen, die über einen längeren Zeitraum gehen, bespreche ich mit den Teilnehmenden, wie wir uns ansprechen. Und so handhaben wir das dann auch. Wir begegnen uns damit auf gleicher Augenhöhe.
Ich hoffe inständig, dass in dieser Frage wieder ein Umdenken einsetzt und sich die Erkenntnis durchsetzt, dass ein höflicher, sachlicher Umgang mit Kunden deutlich professioneller und nachhaltiger wirkt.